Willkommen bei Crispys Filmwelt. Ihr findet euch im Dschungel der Filme und Serien nicht mehr zurecht? Dann seid ihr hier genau richtig. Bei mir findet ihr unterschiedlichste Reviews zu Filmen und Serien.

Nomadland

Regie: Chloe Zhao

Genre: Drama

Erscheinungsjahr: 2020

Die 60-jährige Fern (Frances McDormand) hat nach dem Zusammenbruch der Wirtschaft im kleinen Ort Empire alles verloren. Der Ort hat von der Mine gelebt, die die Bewohner mit Arbeit versorgt hat. Nach der Schließung des großen Arbeitsgebers, verlieren allerdings fast alle Bürger ihre Arbeit, so auch Fern. Sie verkauft ihre Besitztümer und kauft sich von dem wenigen Geld, dass sie bekommt einen Van, in dem sie fortan Leben will. Mit ihrem neuen mobilen Wohnort reist sie dahin, wo gerade Arbeitskräfte benötigt werden, um sich über Wasser zu halten. Bei einem Job in einem Versandcenter des Onlinehändlers Amazon, lernt sie die alte Frau Linda May kennen, die beiden Freunden sich an und Linda May erzählt Fern von den modernen Nomaden, die mit ihren Vans quer durch die Vereinigten Staaten reisen, und so unabhängig wie möglich, von der kapitalistischen Welt, sein wollen. Linda May will mit fortan mit den Nomaden durch die USA reisen und Fern folg ihr schon bald und lernt ein neues Leben kennen.

„Nomadland“ ist der neuste Film der chinesisch-amerikanischen Regisseurin Chloé Zhao. Mit diesem Film hat Zhao erstmals den Oscar für den besten Film, die beste Regie und die Hauptdarstellerin Frances McDormand den Award für die beste Hauptdarstellerin gewonnen. Da ist es wenig überraschend, dass ihr mit „Nomadland“ ein beeindruckender Film gelungen ist.
Wir beobachten eine rastlose Frau, die in ihrem Van einen neuen Platz in der Welt gefunden hat, mit dem sie überall sein kann, wo sie möchte. Als sie beispielsweise von einem jungen Mädchen gefragt wird, ob die obdachlos sei, entgegnet sie: „I’m not homeless, I am just houseless“ (ich bin nicht ohne Heimat, nur ohne Haus). Dieser Satz ist im Prinzip die Überschrift für den ganzen Film. Ein Zuhause besteht nicht aus vier Wänden und einem Dach, viel mehr ist „zuhause“ ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Natürlich kommen mit dem Nomadenleben einige Probleme, die für jemanden, der ein gewöhnliches Leben führt nie ein Thema sind: Wo kann ich meinen Van abstellen, ohne Probleme zu bekommen? Was mache ich im Winter, wenn es kalt wird? Was mache ich, wenn etwas am Van kaputt geht? Mit all diesen Fragen werden wir im Film konfrontiert und bekommen einen tiefen Einblick in das Leben der modernen Nomaden.

Besonders spannend an dem Film ist, dass wir nicht nur einen Einblick vorgespielt bekommen. Bis auf Frances McDormand und den Schauspieler*innen, die Ferns Familie verkörpern, sind alle Figuren echte Nomaden, die Regisseurin Zhao in ihrem echten Leben gefilmt hat. So entsteht ein sehr persönlicher Einblick, in das Leben und die Schicksale der Rastlosen. Die Nomaden waren natürlich eingeweiht, dass es sich um einen Spielfilm handelt und sie mit einer Schauspielerin interagieren, trotzdem spielen sie in „Nomadland“ Versionen von sich. Bei vielen der Nomaden handelt es sich um ältere Menschen, die viel in ihrem Leben durchgemacht haben und sich einen Ausweg aus dem System wünschen, dass sie jahrelang enttäuscht hat. Ein großer Teil von ihnen hat, durch das Platzen der Immobilienblase im Jahr 2008, die eigenen Häuser verloren und sich dann für einen Neuanfang auf die Straßen der USA begeben, dem Land das sich so groß Freiheit auf die Fahne schreibt.

Neben den vielen Interaktionen von Frances McDormand mit den Nomaden, stimmt der Film auch kritische Töne an. Es gib einen Moment, in dem Fern ihre Schwester Dolly besucht. Während sie abends mit Freunden beim Barbecue zusammensitzen, erzählt ein Bekannter von Dolly, wie er gerade wieder viel zu teure Häuser verkauft hat und dadurch die großen Provisionen kassiert. Fern spricht ihn darauf an und fragt ihn, wie er sich darüber freuen kann, dafür gesorgt zu haben, dass sich seinetwegen Leute für ihr ganzes Leben verschulden, obwohl sie doch nur ein zuhause suchen. Trotz der Kritik am Immobilienmarkt erhebt Zhao niemals den Zeigefinger und spricht davon, dass sie das Rezept zum Glücklichsein hat. Sie macht klar, dass man zwar eine romantische Vorstellung vom Nomadenleben und der vermeintlichen Freiheit haben kann, dass dieses Leben aber nicht für jeden etwas ist und es völlig in Ordnung ist, in einem Haus zu leben und eine Familie zu gründen.

Eine weitere große Stärke des Films sind die wunderschönen Landschaftsaufnahmen der USA. Wir sehen einmal die komplette Schönheit des Landes, von verschneiten Landschaften, bis zur Wüste, über Mammutbäume und der Westküste. In großen beeindruckenden Aufnahmen zeigt uns Kameramann (und Ehemann von Chloé Zhao) Joshua James Richards die Vereinigten Staaten und die variantenreiche Flora und Fauna dieses Landes. Neben Frances McDormand sind die USA die zweite Hauptdarstellerin. Diese beeindruckenden Bilder werden darüber hinaus noch von den ruhigen Pianoklängen eines Ludovico Einaudi untermalt, sodass wir von der Komposition von Bild und Ton ergriffen werden.

So wie das Nomadenleben ist der Film aber vermutlich nicht für jeden etwas. Der Film hat eine Laufzeit von 108 Minuten, in denen nicht viel passiert. „Nomadland“ ist ein sehr ruhiger Film, auf den man sich Einlassen muss. Es wird wenig gesprochen, dafür erzählen die Bilder eine Geschichte. Wenn dann doch mal gesprochen wird, wird es sehr emotional, besonders wenn man weiß, dass echte Menschen ihre Geschichten erzählen.

Wer jetzt nicht abgeschreckt ist, sollte „Nomadland“ auf jeden Fall sehen, am besten auf der großen Leinwand im Kino. Was Chloé Zhao gemeinsam mit Frances McDormand geschaffen hat, hat das Potential ein Klassiker zu werden. Der Film hat wunderschöne Bilder einen großartigen Soundtrack und die drei Oscars auf jeden Fall verdient. Ich hoffe sehr, dass wir zukünftig noch viele Filme von Chloé Zhao sehen werden. Diesen Herbst hat man auf jeden Fall die Chance wieder einen Film von ihr zu schauen. Diesmal sitzt die für Marvel im Regiestuhl und inszeniert den Film „Eternals“.

Bewertung: 8 von 10.

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