Regie: Anders Thomas Jensen
Genre: Comedy, Drama
Erscheinungsjahr: 2015
Der Vater von Elias (Mads Mikkelsen) und Gabriel (David Dencik) erlebt die letzten Stunden in seinem Leben. Zum Abschied hat er seinen beiden Söhnen eine Videobotschaft hinterlassen, um ihnen die Wahrheit zu erzählen. Die Beiden wurden als kleine Kinder adoptiert, ihr leiblicher Vater lebt auf der kleinen Insel Ork, darüber hinaus haben die beiden Männer unterschiedliche Mütter. Als ihr Adoptivvater ihnen gerade von ihren Müttern erzählen möchte, bricht die Aufzeichnung ab. Bei Elias und Gabriel handelt es sich um ungewöhnliche Gestalten, die beiden scheinen jeweils einen psychischen Knacks zu haben. Gabriel leidet unter plötzlich auftretendem Brechreiz, der ihn jederzeit treffen kann. Sein Bruder Elias, wirkt wie ein pubertierender Junge im Körper eines Erwachsenen Mannes. Er nutzt jede Gelegenheit, die sich bietet, um zu masturbieren, überschätzt seine Fähigkeiten maßlos und ist ein sehr unsicherer Typ. Zusätzlich zeichnet beide Gesichter die Narbe einer Hasenscharte, die operativ korrigiert wurde.
Sie wollen herausfinden, was für ein Typ ihr Vater ist und wollen mehr über ihre Mütter erfahren, so machen sie sich also auf die Reise nach Ork. Auf der Fähre treffen sie eine Frau, die ihnen berichtet, dass ihr leiblicher Vater schon ein sehr alter Mann ist und im verlassenen Sanatorium der Insel lebt. Am Sanatorium angekommen, werden sie von drei Männern in Empfang genommen. Diese drei Männer haben wie Elias und Gabriel ebenfalls die Narbe einer Hasenscharte im Gesicht und schnell stellt sich raus, dass es sich bei den Dreien um weitere Brüder handelt, allerdings auch von unterschiedlichen Müttern. Als sie nach ihrem Vater fragen, erklären die neuen Brüder, dass er sich im oberen Stockwerk des Hauses befindet und gerade eine ansteckende Krankheit auskuriert. Gabriel und Elias kommen bei ihren Brüdern unter und versuchen mehr über ihren Vater herauszufinden, der scheinbar an den unzähligen Tieren, die sich auf dem Gelände des Sanatoriums befinden herumexperimentiert hat.
Der dänische Film „Men & Chicken“ aus dem Jahr 2015, stammt aus der Feder von Regisseur Anders Thomas Jensen, der hier erneut eine sehr schwarze Komödie geschaffen hat. Jensen ist vor allem bekannt durch seine Filme „Dänische Delikatessen“ (2003) und „Adams Äpfel“ (2005), in denen er ebenfalls Regie geführt hat und in denen Mads Mikkelsen skurrile Rollen verkörpert hat. „Men & Chicken“ ist ein Film, den leider weniger Leute auf dem Radar haben, der aber trotzdem mit den beiden anderen Filmen mithalten kann. Jensen hat ein Händchen dafür seltsame Figuren zu zeichnen. Die fünf Brüder haben alle sehr unterschiedliche Charaktereigenschafften, die Jensen sehr subtil in seinen Film einbaut. Wir brauchen keine ewige Exposition, die uns erklären muss, wie die verschiedenen Figuren handeln, sondern werden einfach in die Handlung geworfen und müssen unsere eigenen Erfahrungen mit den Männern machen. Zuerst lernen wir Gabriel und Elias kennen und durch die Beiden dann später die anderen Brüder. Die drei verschollenen Brüder sind das, was man in amerikanischen Filmen als „Hillbillys“ bezeichnen würde. Sie leben in einem abgeschiedenen, heruntergekommenen Gebäude irgendwo in der Wildnis und sich auf sich gestellt. Sie haben nie irgendwelchen sozialen Regeln gelernt und verhalten sich auch dementsprechend.
Das macht auch eine der größten Stärken des Films aus: Der ungewöhnliche Humor. Aus Mainstream-Komödien kennen wir es so, dass eine Figur sich in eine peinliche Situation begibt, oder einmal laut irgendwas schreit, das ist dann auch schon der ganze Gag. „Men & Chicken“ geht hier anders vor: Wir werden in eine Welt geworfen, die für die Sonderlinge völlig normal ist, wir als Zuschauer*innen befinden uns in einer unbekannten Welt. Ein großer Teil des Humors entsteht dadurch, dass die Figuren sich für uns fremd verhalten. Wenn uns einer der Brüder voller Stolz erzählt, dass er schon mal an Hühnern übt, für den Fall, dass er mal eine echte Frau trifft ist das auf der einen Seite zwar sehr ekelhaft, aber die Selbstverständlichkeit, mit der uns das berichtet wird, macht es trotzdem sehr komisch. Der Film bietet einige solcher Momente, in denen man sich wirklich fragt, was man sich da gerade anschaut.
Jensen konfrontiert uns zusätzlich den ganzen Film über mit Situationen, die wir nicht erwarten. Hinter jeder Ecke könnte eine neue Überraschung lauern. Wir wollen den Vater kennen lernen, wir wollen wissen, wer die Mütter sind und vor allem wollen wir erfahren, was sich in dem verbotenen Keller verbirgt.
Besonders hervorzuheben ist die herausragende Leistung von Mads Mikkelsen. Dieser Schauspieler kann scheinbar jede Rolle spielen. Sei es Horror-Ikone Hannibal Lecter, der Schurke in „Doctor Strange“, der Vater von Jyn Erso in „Roque One: a Star Wars Story“, oder einen seltsamen Außenseiter, mit einem gestörten Sexualtrieb, wie in diesem Film. Gerade die Momente mit Mikkelsen sind die herausragendsten im Film. Auch wenn er keinen sympathischen Charakter verkörpert (niemand ist sympathisch in dem Film), freut man sich doch wieder auf die Szenen, in denen wir mehr von Elias zu sehen bekommen. Man merkt, das Mads Mikkelsen und Regisseur Anders Thomas Jensen ein großartiges Team sind. Jeder Film, in dem die beiden zusammengearbeitet haben, ist sehr sehenswert und Mikkelsen liefert die besten Performnces seiner Karriere ab.

Besonders befriedigend ist die Auflösung des Films. In vielen Filmen kann man miträtseln, was das große Geheimnis ist, in den meisten bleibt das Finale aber eher enttäuschend, nicht aber bei „Men & Chicken“. Der Film gibt uns immer wieder kleine Hinweise, die uns zum weiteren mitdenken animieren, löst aber alles sehr elegant auf, sodass am Ende alle Fragen beantwortet sind und man Lust hat den Film mit diesem Wissen zu sehen.
Ich hatte den Film ehrlich gesagt nicht auf dem Zettel, obwohl ich ein großer Fan von „Adams Äpfel“ oder „Dänische Delikatessen“. Entdeckt habe ich den Film dann eher zufällig, wollte ihn dann aber sofort sehen, als ich gelden habe, dass es ein Film mit Mads Mikkelsen ist, bei dem Jensen Regie geführt hat. Das hat sich auf jeden Fall gelohnt! Ich kann „Men & Chicken“ allen empfehlen, die genug von Standart-Comedy-Kost sind und mal Lust auf etwas ansprucksvolleres und skurrileres haben. Noch ein kleiner Zusatztipp: Dieses Jahr erscheint ein neuer Film von Jensen, in dem Mikkelsen wieder die Hauptrolle spielt, haltet also die Augen offen nach „Riders of Justice“.
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